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Was ein trainierter Beckenboden Männern bringt und was zu beachten ist
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Die meisten Männer wissen in jungen Jahren vermutlich gar nicht, dass sie einen Beckenboden haben. Dabei ist diese Muskelschicht, welche die Bauchorgane stützt, nicht nur für Frauen wichtig. Ein starker Beckenboden hat gleich mehrere Vorteile: Er verbessert die gesamte Körperhaltung, kann z.B. nach einer Prostataoperation der Inkontinenz entgegenwirken und sogar helfen, Impotenz und Erektionsstörungen zu verhindern.
Autorin: Annette Willaredt
- Beckenboden: Verbund aus Muskeln und Bindegewebe
- Symptom: unfreiwilliger Harnverlust
- Bessere Erektionsfähigkeit
- Das Training ist immer ratsam
- Wie finde ich meinen Beckenboden?
- Nach einer Operation besser zum Profi
- Biofeedback als Hilfe
- Entlastung im Alltag
Der Beckenboden ist bei Frauen wie Männern ein Verbund aus Muskeln und Bindegewebe. Ähnlich wie ein Trampolin ist er zwischen Schambein, Steissbein und den beiden Sitzbeinhöckern aufgespannt. Seine Aufgabe ist es, die Bauchorgane von unten zu stützen und in ihrer anatomisch korrekten Lage zu halten. Die Beckenbodenmuskeln umschliessen die Harnröhre und den After.
Bei Frauen kommt noch die Scheide dazu, deshalb ist das Muskelnetz der Männer hier deutlich stabiler. Ausserdem ist es bei ihnen nie solch extremen Belastungen wie einer Schwangerschaft und Geburt ausgesetzt. Trotzdem kann der Beckenboden auch bei Männern mit den Jahren schwächer werden. Die häufigsten Ursachen sind häufiges Sitzen, Übergewicht, eine schlechte Körperhaltung oder Eingriffe wie eine Prostata-Operation.
Die auffälligste Folge eines geschwächten Beckenbodens ist eine Inkontinenz. Beim Lachen, beim Husten oder bei einer körperlichen Anstrengung wie dem Heben einer Getränkekiste geht unfreiwillig Urin ab. So ein leichtes Tröpfeln tritt auch bei ansonsten gesunden älteren Männern nicht selten auf. Besonders häufig ist das Problem aber nach einer Prostata-Operation.
Ein gut trainierter Beckenboden kann ausserdem einer Vergrösserung der Prostata entgegenwirken. Und nicht zuletzt: Von einem starken Beckenboden profitiert auch die Körperhaltung, weil dadurch der ganze Rumpf stabilisiert wird. Eine gute Haltung beugt Verspannungen und Rückenschmerzen vor. Und sind solche Beschwerden bereits da, sorgt eine Verbesserung der Haltung für deren Linderung. Nicht zuletzt profitiert davon auch die Ausstrahlung eines Mannes. Umgekehrt schwächt eine schlechte Körperhaltung den Beckenboden, weil dadurch die inneren Organe oft gestaucht werden und dann Druck auf das Muskelnetz ausüben.
Doch es gibt noch weitere Gründe, dieser versteckten Muskulatur Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Teil von ihr verläuft parallel zu den Schwellkörpern des Penisschaftes und hat die Aufgabe, zurücklaufendes Blut zu drosseln. Ein kräftiger Muskel hier ist also auch ganz entscheidend für die Erektionsfähigkeit. Denn ist er zu schwach, fliesst das Blut aus den Schwellkörpern heraus, die Erektion ist vorbei.
Mehr noch: «Hat der Mann den Beckenboden unter Kontrolle, kann er die Ejakulation hinauszögern, er hat ein besseres Stehvermögen», sagt Claudia Amherd, die das von ihr geleitete Basler Beckenbodenzentrum ins Leben gerufen hat. Sie bietet eine Trainingsmethode an, mit der Männer wie Frauen ihre Sexualität beeinflussen und ihr Lustempfinden steigern können.
Richtig trainiert, sei der Beckenboden nicht nur ein Kraftpaket, sondern auch geschmeidig und flexibel. Das mache ihn empfindsamer. Ist er hingegen verspannt, kann er beim Sex Beschwerden verursachen – eine der möglichen Ursachen für Vaginismus bei Frauen und Dauerschmerzen im Damm bei Männern.
Zweimal die Woche zehn Minuten trainieren reicht aus, den Beckenboden zu stärken – und eine bessere Wirkung zu erzielen als die blaue Potenzpille dies vermag. Das wurde in Studien bestätigt. Laut der urologischen Uni-Klinik Köln hatten 80 Prozent der untersuchten Männer nach gezieltem und länger anhaltendem Training eine bessere Erektion. Nach Einnahme der Potenzpille stellte sich dieses Resultat bei 74 Prozent der Teilnehmer ein. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Wissenschaftler der Universität Bristol.
Beckenbodentraining ist spätestens ab dem mittleren Lebensalter sehr zu empfehlen und lässt sich auch überall ganz unauffällig durchführen. Wichtig ist allerdings, erst einmal herauszufinden, wo diese Muskulatur eigentlich sitzt. Gespürt und sogar benutzt hat sie jeder schon mal, z.B. bei dem Versuch, auf der Toilette den Urinstrahl zu stoppen oder einen Pups zu unpassender Gelegenheit zu verhindern. Die Muskeln, die dafür aktiviert werden müssen, sind ein Teil des Beckenbodens. Auch wenn man den Po zusammenkneift oder die Hoden anspannt, werden diese Muskeln benutzt.
Um den Beckenboden exakt zu lokalisieren hilft folgende Technik: Entspannt auf den Rücken legen, den Beckenboden anspannen. Legt man eine Fingerspitze an den Damm zwischen Hodensack und After, nimmt man die leise Bewegung wahr. Hat man die Muskeln so aufgespürt, folgt die Übung.
Dabei wird versucht, Hoden und After einander anzunähern. Hat man das im Liegen einige Male ausprobiert, bekommt man ein Gefühl dafür, wie es geht. Jetzt kann man die Übung auch im Stehen problemlos absolvieren. Das Beckenbodentraining lässt sich nun leicht in den Alltag einbauen, z.B. beim Warten auf den Bus oder an der Kasse des Supermarkts, beim Telefonieren oder beim Zähneputzen. Um den Beckenboden zu stärken, sollte die Übung fünf- bis zehnmal täglich ein paar Mal durchgeführt werden. Aber bitte nicht übertreiben. Auch der Beckenboden muss langsam trainiert und soll nicht überfordert werden. Beherrscht man dieses Anspannen, kann man noch etwas steigern. Nun werden mehrmals täglich zehn Mal hintereinander kräftige Kontraktionen des Beckenbodens durchgeführt, danach immer sofort wieder loslassen.
Der beste Zeitpunkt, mit einem Beckenbodentraining zu beginnen, ist, bevor überhaupt Beschwerden wie Inkontinenz auftreten. Wer keine gesundheitlichen Probleme hat, kann das auf eigene Faust tun. Physiotherapiepraxen bieten spezielle Beckenboden-Kurse für Männer mit vielen verschiedenen Übungen an. Speziell nach einer Prostata-Operation sollte man sich hier anleiten lassen und zumindest zu Beginn nicht selbstständig trainieren. Vor allem, weil der Physiotherapeut einschätzen kann, was den Muskeln direkt nach so einem Eingriff zugemutet werden darf.
Wichtig zu wissen: Je nach Ausprägung der Beckenbodenschwäche kann es einige Wochen dauern, bis ein Mann selbst bei täglichem Üben eine Verbesserung feststellt. Doch nicht entmutigen lassen! Sehr viele Männer haben es dank der Gymnastik geschafft, ihre Inkontinenz wieder loszuwerden. Einer belgischen Studie zufolge waren 88 Prozent der inkontinenten Patienten nach einer Prostataoperation durch gezieltes Beckenbodentraining innerhalb von drei Monaten wieder kontinent. In einer Kontrollgruppe waren es nur 56 Prozent.
Für Männer, denen es nur schwer gelingt, ihren Beckenboden zu trainieren, kann Biofeedback eine Unterstützung sein. Bei dem Verfahren misst ein Gerät die Muskelspannung und teilt sie dem Patienten per Signalton oder einer Leuchtanzeige auf einem Bildschirm mit. Das erleichtert das Üben, ohne die Muskulatur zu überfordern. Angeboten wird Biofeedback von vielen Ärzten und Heilpraktikern.
Zusätzlich zum Training empfiehlt es sich, im Alltag alles zu meiden, was den Beckenboden stresst. Eine gute Entlastung ist es beispielsweise, wenn man schwere Gegenstände nicht mit gebeugtem Rücken hebt, sondern dabei in die Hocke geht und den Rücken gerade hält. Sinnvoll ist es auch, für eine starke Bauchmuskulatur zu sorgen, denn sie unterstützt den Beckenboden bei seiner Haltearbeit. Gute Übungen für jeden Fitnessgrad zeigt ebenfalls der Physiotherapeut. Oder man geht in ein Fitness-Studio und lässt sich von erfahrenen Trainern anleiten.
Ebenfalls sinnvoll ist es, für eine gute Verdauung zu sorgen. Das gelingt mit einer balllaststoffreichen Ernährung, die reich an Obst, Gemüse und Vollkornprodukten ist. Zusätzlich ist es nötig, ausreichend zu trinken. Mindestens 1,5 Liter sollten es täglich sein. An heissen Tagen oder bei körperlicher Anstrengung auch deutlich mehr. Der Grund: Streikt die Verdauung, wird auf der Toilette oft viel zu stark gepresst – eine enorme Belastung für den Beckenboden.
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